Workshop "Kritikalität" am 14. Juli 2017

Das Graduiertenkolleg KRITIS lädt ein zur krititischen Auseinandersetzung mit dem Konzept "Kritikalität"

2017/06/14

Technischen Einrichtungen der Daseinsvorsorge sagt man eine spezifische „Kritikalität“ nach und verweist damit auf ihre besondere gesellschaftliche Bedeutung und Schutzwürdigkeit. Schon seit längerem ist der Begriff „Kritikalität“ von hoher politischer Relevanz, während seine Verwendung in der wissenschaftlichen Forschung noch recht neu ist. Was bislang zu kurz kommt, ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept der „Kritikalität“: Welchen Beitrag leistet es zur zunehmenden „Versicherheitlichung“ der Technologiepolitik? Welche normativen politischen Konzepte stecken hinter dem Begriff? Inwieweit setzt man „Kritikalität“ (auch in der Wissenschaft) als unhinterfragtes Legitimationsinstrument ein? Der Workshop „Kritikalität“, organisiert durch das Graduiertenkolleg KRITIS an der TU Darmstadt, will kritische Perspektiven auf das besagte Konzept eröffnen.

Seit einigen Jahren ist vor allem im Zusammenhang mit Einrichtungen der technischen Daseinsvorsorge von „Kritikalität“ die Rede. Das betrifft insbesondere die Kritischen Infrastrukturen, aber auch andere technische und institutionelle Kapazitäten. Mit der Zuschreibung von „Kritikalität“ wird diesen Phänomenen in der Regel eine besondere Bedeutung für die Gesellschaft sowie eine besondere Schutzwürdigkeit zugesprochen. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Europäische Union haben nationale bzw. europäische Strategien zum Schutz Kritischer Infrastruktur verabschiedet. Damit ist „Kritikalität“ einerseits ein Begriff von hoher politischer Relevanz. Andererseits stellt sich in der Praxis aber auch die Aufgabe, ganz konkret die – höhere oder geringere – Kritikalität technischer Systeme oder einzelner ihrer Komponenten zu bestimmen. Dieses Problem stellt sich spätestens dann ein, wenn es Zielkonflikte beim Einsatz beschränkter Schutzkapazitäten gibt. Zu fragen ist, ob die Konzentration auf „Kritikalität“ der Tendenz zur „Versicherheitlichung“ der Technologiepolitik Vorschub leistet, etwa indem das Kritikalitätszuschreibung neben der Bedeutsamkeit einer Einrichtung für die Gesellschaft zugleich auch deren Bedrohung, ja möglicherweise sogar ihre Prekarität betont.

In der wissenschaftlichen Forschung wird das Konzept der „Kritikalität“ noch nicht lange verwendet. Oftmals wird es wenig reflektiert und es besteht bei den Beteiligten nur ein vages Vorverständnis. Hochgradig normative politische Konzepte werden so teils unhinterfragt übernommen und nicht selten wissenschaftlich legitimiert. Als gleichermaßen problematisch erweist sich zudem die Möglichkeit, mittels bewusster Instrumentalisierung dieser vermeintlich wissenschaftlichen Konzepte Forschungsprojekten (scheinbare) Legitimität verleihen zu können. Eine umfassende kritische Auseinandersetzung mit „Kritikalität“ und ihren Implikationen für Politik und Wissenschaft steht noch aus.

Vor diesem Hintergrund findet am 14. Juli 2017 ein Workshop des interdisziplinären Graduiertenkollegs KRITIS (TU Darmstadt) zum Thema „Kritikalität“ statt. Die Beiträge von Kollegsmitgliedern sowie Auswärtigen setzen sich aus einer wissenschaftlichen Perspektive theoretisch und/oder empirisch mit dem Konzept der Kritikalität auseinander.


Veranstaltungsort:

Deutsches Polen-Institut
Residenzschloss | Marktplatz 15
64283 Darmstadt

Programm


9:15 Uhr Begrüßung

9:30 Uhr Jens Ivo Engels (KRITIS): Einführung. Kritikalität als kritisches Konzept


Kritikalitätszuschreibung als Machtinstrument

Moderation: Marcel Müller

10:00 Uhr Andreas Folkers (Frankfurt a.M.): „Was ist kritisch an Kritischer Infrastruktur?“

11:00 Uhr Kristof Lukitsch (KRITIS): „Kritikalitätszuschreibungen im Stadtverkehr. Frankfurt am Main, 1945-1990“


12:00–13:00 Uhr Mittagspause


Kritikalität von Rohstoffen

Moderation: Chris Stahlhut

13:00 Uhr Sebastian Haumann (Jena/Darmstadt): „‚Kritische Rohstoffe‘. Ein Problem der Rohstoffsicherung oder der Produktionsketten?“

14:00 Uhr Stephanie Eifert (KRITIS): „Kritikalität im späten Mittelalter – Engpässe in Logistik & Versorgung“


Kritikalität aus ingenieuraler Sicht

Moderation: Kristof Lukitsch

15:00 Uhr Alexander Fekete (Köln): „Kritikalität von Infrastrukturen – Entstehung, Abgrenzung, und Implikationen für den Wissenschafts-Praxis Dialog“

16:00 Uhr Chris Stahlhut (KRITIS): „Criticality in politics and public – from n-grams to embeddings”


Resümee

17:00 Uhr Alfred Nordmann (KRITIS)


Programm-Download (wird in neuem Tab geöffnet)

Anmeldung & Kontakt

Anmeldung bis zum 12.07.2017 erbeten bei:
Frau Mälika Fetzer

Telefon: 06151-16 57356