Maike Stelzer (geb. Arnold) 1.StEx
FB 2: Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften
Institut für Philosophie, Fachgebiet Technikphilosophie
Kontakt
stelzer@kritis.tu-...
work +49 6151 16-28578
Work
S4|22 306
Dolivostr. 15
64293
Darmstadt
Forschungsinteressen
- Philosophie von Vertrauen und Zeug*innenschaft
- Philosophie von Macht und Gewalt
- Wissenschafts- und Technikphilosophie
- (Epistemische) Gerechtigkeit, Verletzlichkeit, Resilienz, Trauma
Dissertationsprojekt
Trial by Machine? Zur Reflexion von Vertrauen als Resilienz- und Vulnerabilitätsfaktor und zur Tragweite informationstechnologischer Transformationen in kritischen Infrastrukturen (Arbeitstitel)
Das geplante Dissertationsvorhaben analysiert die Rolle von Vertrauen in komplexen sozio- technologischen Systemen. Dabei werden einerseits unterschiedliche Weisen, in denen Vertrauen als Resilienz- oder als Vulnerabilitätsfaktor wirken kann, andererseits deren Relevanz im Kontext informationstechnischer Transformationen untersucht.
In die Konstruktion kritischer Infrastrukturen sind Vertrauensverhältnisse durch die hochgradige Vernetzung unterschiedlichster Wissensbereiche bereits eingeschrieben. Vertrauen in Vorarbeiten, parallele Entscheidungen und Handlungen anderer Akteur*innen sowie in Informationstechnologien wirkt hier als Ermöglichungs- und Gelingensbedingung, etwa auf die Zirkulation von Informationen sowohl innerhalb verschiedener Systeme als auch zwischen ihnen. Weiterhin weisen Vertrauensfragen im Kontext kritischer Infrastrukturen enge Zusammenhänge mit der Möglichkeit und Bewältigung von Funktionskrisen und wirkt auf von Vertrauen in Informationen und Prognosen abhängige Möglichkeiten von Preparedness und Prevention.
Die Wahrheit der Informationen, die uns zur Bewältigung komplexer Sachlagen und Situationen zur Verfügung stehen, können wir in aller Regel nicht unabhängig von anderen beurteilen, wodurch wir immer schon auf Vertrauen in die Zeugnisse anderer angewiesen sind. Informationstechnologien (bzw. Transformationen im Informations- und Kommunikationssystem moderner Gesellschaften) verschärfen diese Herausforderung in zweierlei Hinsicht. Zum einen sind sie als zentrale Basisinfrastruktur wesentlich an der Zirkulation von Informationen über die Welt, zum anderen aber auch zunehmend an der Generierung von Daten und Informationen beteiligt. Der zunehmende Einsatz und beständige Wandel von Informationstechnik verschärft von vornherein das Problem des Vertrauens in fremdes Zeugnis, da Phänomene wie (wechselseitige) Abhängigkeit, epistemische Opazität etc. verschärft werden.
Virulent werden in diesem Kontext Fragen nach dem Ausmaß und der Bedeutung informationstechnischer Transformationen aus erkenntnis- wie anerkennungstheoretischer Perspektive. Als exemplarischer Untersuchungsgegenstand dient die zunehmende Digitalisierung, Algorithmisierung und Automatisierung der Informationsverarbeitung im kriminologischen Kontext. Menschliche Bezeugungen werden dabei zunehmend z. B. durch neue Simulationstechnologien u. ä. unterstützt, überprüft oder ersetzt. Was vor einiger Zeit bspw. mit dem Einsatz von Radarkontrollen und der damit verbundenen Ersetzung von Personen durch Maschinen in der Beweissicherung und -auswertung begann, setzt sich nun durch den vermehrten Einsatz KI- und ML-basierter Technologien fort. Daraus ergeben sich nicht bloß veränderte Infrastrukturpraktiken, sondern auch neue Wissensstrukturen, die außerdem ein Potential zur Rekonfiguration von Vertrauensbeziehungen bergen. Daher ist zu fragen, worin sich ›klassische‹ und computerintensive Zeugnisformen unterscheiden und wie weitreichend sich diese Verschiedenheit auswirkt. Den skizzierten Fragen soll anhand von Literatur- und Fallstudien nachgegangen werden.